Warum Kinder mit ADHS oft Schwierigkeiten in der Feinmotorik haben
Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) kämpfen nicht nur mit Impulsivität, Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität – oft zeigen sich auch motorische Auffälligkeiten. Insbesondere die Feinmotorik ist bei vielen betroffenen Kindern beeinträchtigt. Doch warum ist das so? Welche Auswirkungen hat das auf den Alltag – und wie kann man helfen?
Was bedeutet Feinmotorik?
Feinmotorik umfasst alle Bewegungen, bei denen kleine Muskelgruppen – vor allem in Händen und Fingern – präzise koordiniert werden müssen. Dazu gehören etwa:
1. Schreiben 2. Basteln oder Malen 3. Schleifen binden 4. Knöpfe schließen 5. Schneiden mit der Schere
Für die meisten Kinder ist das Training dieser Fähigkeiten ein natürlicher Bestandteil ihrer Entwicklung. Doch bei Kindern mit ADHS verläuft dieser Prozess häufig anders.
Der Zusammenhang zwischen ADHS und feinmotorischen Problemen
Studien zeigen: Über 50 % der Kinder mit ADHS haben auch motorische Koordinationsprobleme. Diese äußern sich nicht nur in der Grobmotorik (z. B. beim Rennen oder Balancieren), sondern auch bei feinmotorischen Tätigkeiten. Mögliche Ursachen sind:
1. Defizite in der Impulskontrolle
Feinmotorik erfordert Geduld und gezielte, kontrollierte Bewegungen. Kinder mit ADHS handeln oft impulsiv und haben Schwierigkeiten, Bewegungen langsam und bewusst auszuführen – das erschwert präzise Handlungen.
2. Schwierigkeiten mit der Planung und Koordination
Die sogenannte „dyspraxische Komponente“ bei ADHS bedeutet: Betroffene Kinder tun sich schwer, Bewegungsabläufe im Gehirn zu planen und in die richtige Reihenfolge zu bringen. Dadurch wirken Bewegungen oft „ungeschickt“ oder unkoordiniert.
3. Mangelnde Ausdauer und Frustrationstoleranz
Längeres Malen, Schreiben oder Basteln erfordert Ausdauer. Kinder mit ADHS verlieren oft schnell die Motivation oder werden frustriert, wenn etwas nicht sofort klappt – das behindert die Entwicklung feinmotorischer Fertigkeiten zusätzlich.
Auswirkungen im Alltag
Feinmotorische Schwierigkeiten beeinträchtigen viele alltägliche Situationen:
- In der Schule: Probleme beim Schreiben führen zu schlechterer Lesbarkeit, langsamerem Arbeitstempo und Frustration.
- In der Freizeit: Bastel- oder Malaktivitäten werden gemieden. Das kann soziale Isolation fördern, wenn andere Kinder sich lieber kreativ beschäftigen.
- Im Selbstmanagement: Das Anziehen, Essen mit Besteck oder Zähneputzen kann zur täglichen Herausforderung werden.
Was können Eltern und Fachkräfte tun?
Die gute Nachricht: Feinmotorik ist trainierbar – besonders, wenn gezielt und spielerisch gefördert wird. Hier einige Tipps:
1. Ergotherapie in Erwägung ziehen
Eine Ergotherapeutin kann individuelle Förderpläne entwickeln und gezielt an den motorischen Schwächen arbeiten – oft mit großer Wirkung.
2. Spielen mit Sinn
Lustige Alltagsübungen fördern ganz nebenbei die Feinmotorik:
1. Kneten 2. Perlen auffädeln 3. Wäscheklammern sortieren 4. Mit Stäbchen kleine Dinge greifen 5. Fingerübungen mit Musik oder Reimen
Druck rausnehmen
Vermeiden Sie ständiges Korrigieren. Kinder mit ADHS sind ohnehin oft mit Kritik konfrontiert. Lob für kleine Fortschritte wirkt motivierender als Perfektionismus.
Multisensorisches Lernen nutzen
Viele Kinder mit ADHS profitieren, wenn mehrere Sinne angesprochen werden – etwa durch Schreiben im Sand, Nachspuren mit Fingern oder Bewegungsspiele mit Händen.
Fazit
Der Zusammenhang zwischen ADHS und feinmotorischen Schwierigkeiten ist wissenschaftlich gut belegt – aber kein Grund zur Sorge. Mit Geduld, gezielter Förderung und einem guten Verständnis für die Besonderheiten dieser Kinder lassen sich viele Hürden meistern. Wichtig ist: Nicht die Schwächen betonen, sondern die Stärken fördern – und auf dem Weg zur Selbstständigkeit begleiten.